Beschreibung
Seitdem Pygmalion die von ihm gemachte Statue durch sein Begehren mit göttlicher Hilfe verlebendigte, beschäftigen sich die Künste mit der Materialität des menschlichen Körpers zwischen Leben und Tod, Natürlichkeit und Künstlichkeit, Verlebendigung und Animismus. An Pygmalion und insbesondere an Galatea reflektieren sie sich in ihrem Kunststatus und in ihrem mimetischen Programm auch selbst. Pygmalions hypermimetisches Bild ist dabei vielleicht zugleich höchste Herausforderung wie schmählichste Kapitulation gegenüber der schärfsten Konkurrentin der Kunst, der Natur. Die Ringvorlesung verfolgt den Mythos, seine Tradierungen und seine Schichten der (Un-)Sinngebung von der Antike und bis in die Gegenwart. Ausgehend von der Meistererzählung Ovids und verwandter bildhafter Verwandlungen wie die von Narziss oder der Propoetiden geht es um künstlich hergestellte Statuen, die lebende Körper imitieren (die in der imaginativen Sphäre der Literatur oder Kunst selbst künstlich sind).Die Ringvorlesung fragt nach dem Status des Körpers als materielles, unbelebtes Artefakt und als lebendiges Subjekt. Die künstlichen Objekte imitieren lebende Körper, sie können gesehen und berührt werden. Die Instrumente ihrer Wahrnehmung sind die Körper der Betrachter. In der Pygmalion-Variante des Typus durchläuft das materielle, unbelebte Körperobjekt eine Metamorphose, die es zu einem lebendigen Körpersubjekt macht, das freilich die Sphäre der künstlerischen Imaginiertheit nicht zu überschreiten vermag. Der Übergang zwischen dem Körper als (materielles) Objekt und als (handelndes) Subjekt ist fließend. Im Rahmen der Ringvorlesung werden Vertreter*innen der verschiedensten kulturwissenschaftlichen Disziplinen diese Spannung von Nachahmung und Beseelung, Imagination und Materialität, Körper und Körperfiktion, nicht zuletzt aber auch die Genderfrage zwischen Schöpfung und Schöpfenden beleuchten.
Programmvorschau
22.3. Der Pygmalion-Mythos vor seiner Rezeption: Überlegungen zur Erzählung in Ovids Metamorphosen: Dorothea Weber
19.4. Si wunder wol gemachet wîp – die wunderschön geschaffene Frau. Der Pygmalion-Mythos in der mittelalterlichen Literatur: Martina Feichtenschlager
26.4. Geboren/gemacht. Schöpfungskonzeptionen der Romantik zwischen Kunst, Magie und Technik: Werner Michler
3.5. „Quasi semivivi“. Italienische Skulpturen der Renaissance: Frank Fehrenbach
10.5. Zur Ikonographie Pygmalions in der bildenden Kunst: Renate Prochno-Schinkel
17.5. Aphrodites Statuen und ihre Liebhaber. Eine Pathologie: Manfred Kern
24.5. Augenangst: Jan Völker
31.5. Animation – Verlebendigung der und durch Technik: Gertrud Koch
7.6. Galatea, Eliza, Siri, Alexa. Womanufacture-Fantasien seit G.B. Shaws Pygmalion (1912): Caitríona Ní Dhúill
14.6. Corpus erat! Galatea als szenische Figur: Josephine Baker in „Prinzessin Tam Tam“ (1935): Nicole Haitzinger
21.6. Ein Spiel der Kraefte: Zu Pietro und Gian Lorenzo Berninis „Bacchanal“: Nicola Suthor
Zeit / Ort: 22. März bis 21. Juni 2023, jeweils am Mittwoch 11.15 bis 12.45 Uhr, Unipark Nonntal, Erzabt Klotz-Str. 1, HS 3 Georg Eisler (E.003)
Konzeption, LV-Leitung: Manfred Kern, Romana Sammern
Zeitraum | 15 März 2023 → 21 Juni 2023 |
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Veranstaltungstyp | Kolloquium/Vortragsreihe |
Bekanntheitsgrad | International |
Schlagwörter
- künsttliche Körper in den Künsten